„Ich wollte zeigen, was in dieser Rebsorte für ein Potenzial steckt.“ Bernhard Idler, ein Mann mit vielen Jahren Erfahrung als Kellermeister, der schon beim Herzog von Württemberg in Ludwigsburg für den Ausbau der Weine verantwortlich zeichnete, bekennt unumwunden: Dies sei das erste Mal gewesen, dass er sich so intensiv mit einem Portugieser beschäftigt habe, noch dazu mit ihm als Premiumprodukt, der es zu einem Preisträgerwein brachte. Ganz viel Neugier und Herzblut waren dabei, als sich der erfahrene Betriebsleiter Önologie der WZG in Möglingen auf diese wahrhaft verkannte Rebsorte stürzte, angefeuert vom WZG-Vorstand Edmund Diesler.
Portugieser in Württemberg? Die Geschichte ist rasch erzählt. Keine zweihundert Hektar Fläche, manches verschwindet obendrein in Cuvées. Mit dem Namen schmücken sich bis dato nur wenige Weingüter. Denn der Ruf ist nicht der allerbeste. Die alte, traditionsreiche Sorte, auf verschlungenen Wegen aus dem österreichischen Raum in die deutschen Weinbaugebiete gekommen, hat allenfalls in der Pfalz und in Rheinhessen eine gewisse Bedeutung erlangt. Freilich meist eher als einfacher, wenn nicht sogar einfältiger Wein. Im vorliegenden Fall war schon die Ausgangslage eine andere. In Sternenfels und Oberderdingen, wo die württembergischen Weinberge direkt an den badischen Kraichgau grenzen, stehen einige alte Rebanlagen. Ihnen galt und gilt die besondere Liebe von insgesamt vier Genossenschaftsmitgliedern. Dem Geschäftsführer der knapp zwölf Hektar kleinen Kooperative Sternenfels, Geza Horvath, schwante früh, dass daraus etwas Spannendes werden könnte, weil im Weinberg eine massive Ertragsreduzierung betrieben wurde. Er sollte Recht behalten. Der Wein, ein 2008er Portugieser trocken, im Eichenfass gereift, ist rund und harmonisch, geradlinig und kräftig. Er macht nach dem ersten Glas Lust auf das zweite. Hervorstechend sind sein etwas herber Charakter und eine angenehme, animierende Säure. Überrascht waren am Ende nicht nur die beiden erwachsenen Söhne von Horvath, die unter dem Namen Portugieser etwas anderes abgebucht hatten. Horvath selbst mag ihn gerne zu Sauer- oder Rostbraten, aber auch zu Wild. Der Vorzug dieses äußerst schonend ausgebauten Portugiesers (Maischegärung, geringstmögliche mechanische Bearbeitung, Reifung in zweit- und drittbelegten Barriques) liegt allerdings darin, dass er wunderbar auch solo genossen werden kann, wie Bernhard Idler aus Erfahrung betont. Dass dieser außergewöhnliche Wein bei der letzten Verleihung des Deutschen Rotweinpreises nicht nur zum grandiosen Gesamterfolg der Württemberger beitrug, sondern auch noch den zweiten Platz in der Kategorie „Unterschätzte Sorten“ holte, machte Bernhard Idler erst richtig munter. „Der 2009er wird noch einen Tick besser“, verspricht er. Zuerst aber wird anlässlich des 60. Geburtstages der Genossenschaft ein Jubiläumswein vom ansonsten bereits ausverkauften 2008er abgefüllt. Zum Wohl!
Andreas Braun
Quelle: Württemberger Weinkulturmagazin 03/10
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